Ausgabe 2016/1

SOLIDARITÄT

Im ersten Schwerpunkt der Ausgabe wird der Begriff "Solidarität" in verschiedenen Facetten beleuchtet. Was haben die Fluchtbewegungen der letzten Jahre angestoßen, welche politischen Perspektiven und solidarischen Praxen sind möglich – und wann bleibt Solidarität eine Unmöglichkeit?

Fokus ^

Gekommen, um zu bleiben! Und das Lied/Leid der Solidarität

von Die 12 Opossums

In diesem Text wollen wir ein Licht auf Solidarität und unsere Erfahrung damit in der queeren Community in Wien werfen. Solidarität ist hier nicht nur das, was wir bekommen, sondern auch das, was wir teilen und geben.

Wir sind queere Menschen aus dem post-sowjetischen Raum mit unterschiedlichem Aufenthaltsstatus, die auf unterschiedliche Weise migriert, weiß, weiblich sozialisiert sind, auf unterschiedlichem Niveau Deutsch können, unterschiedlichen Zugang zum Bildungssystem haben. Einige von uns sind seit Jahren hier, andere einige Wochen. [1]

Rights or Philantropy. Emotions of Solidarity with Refugees (english)

von Serhat Karakayali

Refugee advocates often emphasize our legal obligation to provide protection to anyone fleeing persecution or war in their home countries. The protection of strangers, to refer to Immanuel Kant’s Perpetual Peace “ is not a question of philanthropy but of right.“ But Kantianism, it appears these days, is not a very powerful paradigm when it comes to migration politics.

Der Migrant im Kopf

von Johanna Habring

Wie Medien Rassismus fördern können. Ein Plädoyer für kritischen Medienkonsum.

Ahmed ist Mitte zwanzig, hat dunkle, kurze Haare und trägt einen dichten Vollbart. Seine Frau Fatima, die ihm bedingungslos Folge leistet, kümmert sich um Haushalt und Kinder, während er zuhause die Beine hochlagert, anstatt arbeiten zu gehen, und den Sozialstaat belastet.


Die Macht der Repräsentation

Solidarität in Opfer- und Gedenkgesellschaften? Allianzen im Kampf um gleichwertige Opferpositionen

von Erika Thurner

Die in den Konzentrationslagern des Nationalsozialismus herrschenden Häftlingshierarchien zur Geringhaltung der Solidarität wurden auch nach dem Krieg nicht aufgelöst. Dennoch gelang in der Nachkriegszeit die Bildung von Allianzen unter Überlebendengruppen, um wichtige Forderungen durchzubringen und auch schwächere Gruppen - vor allem Roma - zu unterstützen.

Roma und Sinti [1] wurde in der Zweiten Republik lange Zeit der Status als NS-Opfer verweigert. Desinteresse, Ignoranz und nahezu kontinuitätslosen Vorurteilen ausgesetzt, gab es für die wenigen Überlebenden aus dieser Verfolgtengruppe weder Scham noch Mitgefühl, geschweige denn Unterstützung. Die österreichischen Behörden verweigerten ihnen materielle Hilfestellungen (die sogenannten Opferfürsorgegelder). Stattdessen gab es Aufrufe zur "Außerlandschaffung von Zigeunern" und Versuche, überlebende Roma, Sinti und Lovara als "KZ-Schwindler" zu belangen.

A Banalidade do Bem (português)

von Tania Araujo

"Déjeme decirle, a riesgo de parecer ridículo, que el revolucionario verdadero está guiado por grandes sentimientos de amor..."

Che Guevara

O tema solidariedade, com uma vasta sucessão de pensadores de esquerda e direita, tem planteado um reino que transcenda as dores e conflitos do cotidiano. E como afirma Eagleton[1] o resultado foi e será sempre uma série de oposições nítidas entre o mito e a ilusão social, a bondade e a troca de equitativa, o Real e o Simbólico, o semiótico e o simbólico, a liberdade e a má fé, a teoria e a ideologia, o evento e a ontologia e entre a caridade e a emancipação, a manutenção do sistema e a superação das classes sociais, a caridade neoliberal e a solidariedade orgânica.

Crossover ^

Pst!

von Vlatka Frketic

Kontrolle size> Ich weiß wovon ich spreche. Ich kenne mich aus. Einmal, nämlich, da saß ich im Bus. An der Grenze zum gelobten Land. Wir durften im warmen Bus sitzen bleiben. Die Grenzpolizisten kamen zu uns - in den warmen Bus. Sie sahen sich unsere Pässe genau an. Als eine Frau, die hinter mir saß panisch aufstand und dem Grenzpolizisten folgend, ständig wiederholte, nach links und rechts zu den Sitzenden: "Welches Sternzeichen ist der 26. November?" "Welches Sternzeichen ist der 26. November?

Prostori migracije: Orte der Migration

Interview mit Ivana Marjanović und Nataša Mackuljak

Was haben Kunst und Kultur mit Liebe und Freundschaft zu tun? Lea Susemichel sprach mit Nataša Mackuljak und Ivana Marjanović, den beiden Kuratorinnen des Kunstfestivals Wienwoche, das dieses Jahr den Titel “forever together – eine Politik von Verbundenheit, Liebe und Freundschaft“ trägt.

an.schläge: Was bedeutet für Sie kritisches Kuratieren? Was muss emanzipatorische Kulturarbeit Ihrer Meinung nach leisten?

Das Management, der Tod, der Rest.

von Rubia Salgado

Gedanken zum Verhältnis zwischen Demokratie, Migration und Erwachsenenbildung in Österreich

Beginnend diese Gedanken in die schriftliche Form zu übersetzen drehte ich mehrere Kreise und Kurven. Nichts unbekannt dabei, das Einsetzen des Schreibens geschieht in mir anhand Kurven und Kreise. Möglicherweise mitten in einer dieser Kurven tangierte der Blick das Regierungsprogramm. Der Blick war gerichtet auf das Verhältnis zwischen Demokratie als verfassungsrechtlich implementiertes politisches System und Migration in Österreich heute. Seit Beginn meines Denkens und Empfindens über und von Migration erfasse ich sie vor allem in ihrer Dimension als Handlung sozialer Subjekte in Bewegung.

DE_colonize uni_VERSITY. Die Kunstuniversität Linz as she may become

von Katrin Köppert

Seit der Jahrtausendwende entstanden viele Initiativen [1], die - trotz verschiedener Bezüge zur Universität - auf die Neubestimmung der Institutionen des Wissens zielen. Die, aufgrund ihrer geopolitischen Verortung, unterschiedlichen Projekte vereinen sich in dem Anspruch, einen möglichst barrierefreien Zugang zur Teilhabe an Wissensproduktion zu ermöglichen. Damit im Zusammenhang steht, sich zu fragen, was Wissen ist, wie es zustande kommt, wo Wissen lokalisiert wird, was Wissen tut, welche Akteur_innen als Wissensträger_innen und -vermittler_innen zählen.

Institutioneller Rassismus an der "unternehmerischen" Hochschule

von Encarnación Gutiérrez Rodríguez

Bereits 1994 machte die Weltbank den Bildungssektor als einen zukunftsträchtigen Investitionsbereich aus und empfahl die Einführung von Studiengebühren sowie eines Kreditsystems für Studierende (Hartmann 2003). Seitdem expandiert die kapitalistische Logik im Bildungsbereich weltweit. Die eigentliche Aufgabe der Hochschule - mündige Bürger_innen auszubilden - wird zunehmend durch eine Dienstleistungslogik, die Studierende als Kund_innen behandelt, ersetzt (Apple 2006, 2010).

"Der Krieg beginnt, wenn du nicht reden kannst"

Interview mit Sakina Teyna

Die kurdische Frauenbewegung hat in den letzten Jahrzehnten viel erreicht und auf vielen Ebenen Kämpfe geführt. migracolor>zine.acolor>t hat die kurdische Aktivistin Sakina Teyna zu einigen Besonderheiten dieser Bewegung und zur aktuellen Situation in der Türkei und Kurdistan befragt.

migrazine.at: Wie ist die kurdische Frauenbewegung entstanden - welche Entwicklungen waren da wichtig?

Patient_in Tin Lizzie

von Tobias Haas

Das österreichische Gesundheitssystem steht vor der Herausforderung demographischer Veränderung. Die politische Antwort steht im Zeichen von Austerität, Ökonomisierung und Technokratisierung. Patient_innen werden zum Fließbandprodukt, Gesundheitsbeschäftigte zu Fließbandarbeiter_innen. Dieser Entwicklung kann nur Einhalt geboten werden, indem sich Gesundheitsbeschäftigte und Patient_innen solidarisieren.

Fortschritt im Rückwärtsgang

Als im Sommer 2016 die Novelle des österreichischen Gesundheits- und Krankenpflegegesetzes (GuKG) beschlossen wurde, wurde von Seiten des Gesundheitsministeriums und der Landesgesundheitsreferent_innen von einem Meilenstein gesprochen.

Burnout - Ausblendung, Herrschaftsdimensionen und emanzipatorische Perspektiven für die Soziale Arbeit

von Ariane Brenssell

Wenn von Ängsten, Angststörungen und Depressionen die Rede ist, dann sind das Begriffe aus der Psychiatrie oder gar psychiatrische Diagnosen. Hinter diesen Diagnosen stehen eine Reihe von krisenhaften Gefühlen des Verlustes, der Trauer, der Hoffnungslosigkeit, der Verzweiflung und der Ohnmacht, Gefühle der Wertlosigkeit und des Versagens. Sie entstehen zu Recht, wenn wir die politisch-ökonomischen Veränderungen in den Blick nehmen. Denn Allmacht, Erfolg oder auch nur ein existenzsicherndes Einkommen kann es nicht für alle geben.

Repräsentationen fremder Männlichkeit und die restriktive Bearbeitung der "Flüchtlingskrise"

von Paul Scheibelhofer

Als nach den steigenden Todeszahlen von Geflüchteten an Europas Außengrenzen im August 2015 ein LKW mit den Leichen von 71 Flüchtlingen im Burgenland entdeckt wurde, war die Betroffenheit in der Bevölkerung groß und sogar Innenministerin Johanna Mikl-Leitner forderte "legale Fluchtwege" nach Europa.