Ausgabe 2017/1

Körper, Gesundheit, Migration

Die Begriffe Körper, Gesundheit und Migration beschreiben ein Dreieck, mit dem maiz sich in den letzten Jahren, insbesondere im Projekt "Das Leben hat Gewicht!" (Laufzeit: Mai 2015 - Mai 2017), verstärkt beschäftigt hat. Der Einstiegstext dieses Schwerpunkts bietet einen Einblick in die Themen und Auseinandersetzungen dieses Projekts. Es handelt sich um ein Projekt der Primärprävention von Essstörungen, in dem migrationsgesellschaftliche Verhältnisse und (Flucht-)Migrationserfahrungen von Jugendlichen explizit einbezogen werden. ....weiter lesen

Fokus ^

Editorial

Körper, Gesundheit, Migration

Die Begriffe Körper, Gesundheit und Migration beschreiben ein Dreieck, mit dem maiz sich in den letzten Jahren, insbesondere im Projekt "Das Leben hat Gewicht!" (Laufzeit: Mai 2015 - Mai 2017), verstärkt beschäftigt hat. Der Einstiegstext dieses Schwerpunkts bietet einen Einblick in die Themen und Auseinandersetzungen dieses Projekts. Es handelt sich um ein Projekt der Primärprävention von Essstörungen, in dem migrationsgesellschaftliche Verhältnisse und (Flucht-)Migrationserfahrungen von Jugendlichen explizit einbezogen werden.

"Das Leben hat Gewicht!" - ein Projekt der Primärprävention von Essstörungen im Kontext von Migration

von maiz

"Essstörungen sind keine Ernährungsstörungen" (Wimmer-Puchinger 2015).

Migration und Essstörungen?! Diese Verknüpfung mag unerwartet erscheinen, und in der Tat geht damit die Gefahr einher, einer Pathologisierung von Migration Vorschub zu leisten. Im Projekt "Das Leben hat Gewicht!" (Laufzeit: Mai 2015 – Mai 2017) geht es jedoch keinesfalls darum, Migration zum Gesundheitsproblem zu erklären. Vielmehr wird gefragt, welche gesellschaftlichen Verhältnisse dazu führen, dass Migrant*innen erhöhten psychischen Belastungen ausgesetzt sind - was sich u.a. in erhöhten Essstörungsprävalenzen zeigt (siehe unten).

Migration und Gesundheit: Das Zauberwort heißt "Strukturelle Prävention"

von Tanja Gangarova

Im Rahmen unserer Arbeit erleben wir täglich hautnah, wie massiv bestimmte Migrant_innen-Communitys sozialer und struktureller Diskriminierung ausgesetzt sind. Fehlender oder unsicherer Aufenthaltsstatus, fehlende Krankenversicherung sowie durch die Mehrheitsgesellschaft erfahrene Stigmatisierung, Diskriminierung und Rassismus sind die Barrieren für den Zugang zu HIV/STI-Prävention, die Migrant_innen am häufigsten erleben.

"Wir schlucken nicht alles, was uns vorgesetzt wird!"

Interview mit Yolanda Delgado Malarín

Gemeinsames Kochen und Essen als Methode der Primärprävention von Essstörungen im Kontext von Migration.

Ein zentraler Bestandteil der Workshops mit jungen Migrant*innen und Refugees im Rahmen des Projekts "Das Leben hat Gewicht!" [1] war das sogenannte "Kochlabor", in dem gemeinsam gekocht und gegessen wurde. Es hatte die Funktion, einen offenen, kollektiven Raum für Zusammensein, gemeinsames Tun und Genuss zu schaffen, der eine Vielfalt von Rollen und Tätigkeiten ermöglicht. Hier wurde Kochen und Essen als gemeinschaftsstiftende, künstlerische, lustvolle Tätigkeit fokussiert.

Prozesse, die mitwirken beim Aufbau des eigenen (Körper-)Bildes

von maiz

Kunst als Medium für soziale Transformation

"Mein Körper ist eine gnadenlose Topie. Und wenn ich nun das Glück hätte, mit ihm wie mit einem Schatten zu leben? Wie mit alltäglichen Dingen, die ich gar nicht mehr wahrnehme, weil das Leben sie hat eintönig werden lassen? Wie mit den Schornsteinen und Dächern, die sich abends vor meinem Fenster aneinander reihen? Aber jeden Morgen dieselbe Erscheinung, dieselbe Verletzung. Vor meinen Augen zeichnet sich unausweichlich das Bild ab, das der Spiegel mir aufzwingt: mageres Gesicht, gebeugte Schultern, kurzsichtiger Blick, keine Haare mehr, wirklich nicht schön.

Habitando mi cuerpo (espanhol)

von María Teresa Herrera Vivar

Lo primero que viene a mi mente cuando pienso en la forma cómo tomé conciencia de mi 'ser cuerpo' es el sentirme intrigada por la imagen que el espejo me devolvía. Me veía a mi misma pero al mismo tiempo acudía a mi mente, como un eco lejano pero presente, la imagen de una mujer indígena en resistencia al conquistador europeo.

"Körper und Migration" - eine Interview- und Fotoserie

von Maíra Enesi Caixeta

Was ist "Migration"? Wie nehme ich sie wahr? Wie gehe ich damit um?

Diese und andere Fragen habe ich, Maíra Enesi, junge Migrant_innen in Wien gefragt. Meine eigene Migrationserfahrung spiegelte sich das eine oder andere Mal in den Erfahrungen jener, die ich interviewen durfte. Sie sind Tänzer_innen, Student_innen, Künstler_innen und Rapper_innen und alle grundverschieden, dennoch haben sie viel gemeinsam.
Ich habe ihnen allen dieselben Fragen und für das Porträtfoto dieselben Anforderungen gestellt; sich Wohl zu fühlen dabei.

Viele werden weniger

von Hengameh Yaghoobifarah

Sprechen wir über Schlanksein als Schönheitsideal, sprechen wir in der Regel von eurozentristischen Schönheitsidealen. Das bedeutet, dass die Schlankheitsnorm alles andere als global ist, sondern besonders im sogenannten Westen - dem Westen als Ideologie, nicht als Geografie - vorherrscht. Die Form der Entmenschlichung, die beim Beschämen und Diskriminieren von dicken_fetten Personen stattfindet, erinnert in vieler Hinsicht an Rassismus. Ohne die beiden Gewaltkategorien miteinander gleichsetzen zu wollen, fällt auf, dass sich die konstruierten Stereotype überlappen.

Crossover ^

Editorial

Positionen

Stellung beziehen, Standpunkte vertreten, Position einnehmen - in Zeiten, die von großen gesellschaftlichen Umbrüchen und reaktionären politischen Entwicklungen geprägt sind, ist das besonders wichtig. Gleichzeitig werden aber gegenhegemoniale Stimmen in solchen Zeiten meist noch stärker marginalisiert als sonst. Besonders die Positionen von Migrant*innen und Women of Colour werden dann im Mainstream noch vehementer ausgeblendet und nicht gehört - umso wichtiger ist es darum, Räume für gegenhegemoniale Positionen zu verteidigen und neue zu schaffen.

Editorial

Verlernen

Verlernen meint nicht, Gewusstes und Gelerntes zu löschen, zu annullieren oder auf einen imaginären Ausgangszustand zurückzusetzen. Verlernen meint aber auch nicht, etwas abzustreifen oder abzutreten, ähnlich einem Kleidungsstück oder einem Rucksack. In der postkolonialen Theorietradition von Gayatri Spivak eröffnet Verlernen einen Raum, der es erlaube, "Privilegien als einen Verlust zu erleben" (María do Mar Castro Varela).

Unsoziale Wende

von Brigitte Theißl

Während das schwarz-blaue Erbe immer noch schwer auf Österreich lastet, bereitet die Regierung mit einem Law-and-Order-Kurs den Boden für eine Neuauflage einer FPÖ-ÖVP-Spitze. Das bekommt auch Frauen schlecht.

Mitte Februar erstattete das österreichische Verteidigungsministerium Strafanzeige gegen Airbus – jenen Luftfahrtkonzern, bei dem die Republik 15 Stück der sogenannten Eurofighter-Kampfflugzeuge um einen Preis von rund 1,6 Milliarden Euro kaufte. Airbus habe die Republik Österreich vorsätzlich getäuscht und ihr Schaden zugefügt, so der Vorwurf, ein zweiter Untersuchungsausschuss soll darüber hinaus nun dubiose Geldflüsse über ein Netzwerk von Briefkastenfirmen klären.

"Stellungnahme zum Integrationsgesetz und Anti- Gesichtsverhüllungsgesetz"

"Der Klagsverband zur Durchsetzung der Rechte von Diskriminierungsopfern nahm im März 2017 Stellung zum Integrationsgesetz und Anti- Gesichtsverhüllungsgesetz. Die Probleme des Gesetzesentwurf werden aufgezeigt und eine ersatzlose Rücknahme gefordert:"Stel-IntegrationsG.pdf (311.24 KB)

https://www.klagsverband. at/dev/wp-content/uploads/ 2017/03/Stel-IntegrationsG.pdf

Die brennende Frage nach dem Wissen über die lernenden Migrant_innen

von das kollektiv

Einige Wochen ist es her, seit ich sie kennengelernt habe.
3 ½ mitunter.
Ich erinnere mich noch daran, wie ich sie zum ersten Mal (zwischen vielen anderen stehen) sah.
…an ihrer leicht gebückten Haltung.
…ihr(e) gegerbte(s) Gesicht (Haut).
…ihre zerfurchte Hand.
Ich erinnere mich noch genau an all das, was mir durch den Kopf ging; -an (all) das, was ich plötzlich über sie zu wissen glaubte.
Am allermeisten aber spüre ich noch heute ihren ersten Blick auf mir.

Bildung ist nie Wert(e)los – (Um-)Erziehung immer würdelos!

WIR SIND LEHRER_INNEN, KEINE WERTE-
ODER SPRACHPOLIZIST_INNEN!
UND WIR WOLLEN NICHT VERLÄNGERTER ARM DIESER POLITIK SEIN!

Am 16. Mai wurde das neue Integrationsgesetz beschlossen und damit auch
tiefgreifende Eingriffe in unserer Arbeitsfeld. Über kurz oder lang
werden wir die Auswirkungen auf unsere Arbeitsverhältnisse zu spüren
bekommen, die bereits jetzt die Strukturen bei den niederschwelligen
Vereinen und großen Bildungsinstitutionen angreifen.

Erste Anzeichen dafür sind die inhaltlichen Einmischungen des ÖIF in bereits laufende
Projekte, durch bspw. vorgegebene Lehrwerke oder der vertraglichen
Zwangs-Verpflichtung von Lehrenden zur Umsetzung der vom ÖIF

(Un-)Wissen. Verlernen als komplexer Lernprozess

von María do Mar Castro Varela

Es ist schon einige Zeit her, dass die postkoloniale Theoretikerin und Literaturwissenschaftlerin Gayatri Chakravorty Spivak im Rahmen ihrer Auseinandersetzungen um epistemische Gewalt von der Notwendigkeit eines Verlernens gesprochen hat. Im Vorwort zum Spivak Reader (1996: 4) wird sie mit dem nunmehr berühmten Satz zitiert: "unlearning one's privilege as one's loss" (das Verlernen von Privilegien, die wir als Verlust sehen sollten).

Castaway

von Althea Romeo-Mark

Brown woman in red dress
lounges under gaze of sun god
legs stretch across green bench
during fickle spring.

Her hair is a neglected garden—
the locks of a woman
who mourns the dead,
the locks of a marooned soul,
culture starved, battle scarred.

Is she a lost youth in search of independence?
Is she a souvenir of tropical holiday heat?
Is she a mail-order bride?
A refugee? An escaped domestic slave?

I pray sun god does not blink
for she, lost in a sea of pale faces,
will drown in the cold.

"Das Sehen-Lernen von rassialisierenden und sexistischen Zuschreibungen reicht nicht aus, wenn es um die Veränderung von Wahrnehmungsgewohnheiten geht"

Interview mit Ruth Sonderegger

migrazine.at: Du schreibst im kürzlich erschienenen Text "Foucaults Kyniker_innen. Auf dem Weg zu einer kreativen und affirmativen Kritik" ausführlich über das Ent/Üben von Gewohnheiten. Um welche Art des Ver/Lernens handelt es sich dabei?

Images and Faces beyond the Border (english)

von Pınar Öğrenci

"Cities, like dreams, are made of desires and fears, even if the thread of their discourse is secret, their rules are absurd, their perspectives deceitful, and everything conceals something else." Italo Calvino, Invisible Cities

The last movie of Kiarostami’s "Koker Trilogy" Through the Olive Trees, produced in 1994, focuses on the impact of the 1990 Iran Earthquake on the daily lives of the affected villagers. The leading character of the movie Hüseyin, a construction worker, is in love with Tahire. His proposals are constantly turned down on the grounds that he is uneducated and does not own a house. On the night of an ordinary day in which his insistent proposals keep being turned down, an earthquake hits the village tumbling everything down.

Der langsame und zähe Prozess des Verlernens immer schon gewusster Machtverhältnisse

von Nora Sternfeld

Lernen verlernen

Es ist schwer, sich verlernen vorzustellen. Vor allem weil hier ein erstes Verständnis des Begriffs im Weg steht. Lässt sich denn mächtiges Wissen einfach so hinter sich lassen? Dies kann gleich zu Beginn dieses Textes aus mindestens zwei Gründen verneint werden: Erstens gibt es keinen Weg zurück, keinen Pfad hinter die Geschichte der Macht- und Gewaltverhältnisse, die für das, was wir wissen, verantwortlich sind. Und zweitens ist das mit dem Verlernen sicher nicht einfach. Gerade deshalb lohnt sich eine Auseinandersetzung mit dem Konzept aus der postkolonialen Theorie.

Sınır ötesindeki imgeler ve yüzler (türkisch)

von Pınar Öğrenci

"Kentleri de rüyalar gibi, arzular veya korkular kurar; söylediklerinin ana hattı gizli, kuralları saçma, verdiği umutlar aldatıcı, her şey başka birşeyi gizliyor olsa da".
Italo Calvino, Görünmez Kentler

Abbas Kiorostami’nin ünlü ‘Köker Üçlemesi’nin son filmi, 1994 yapımı ‘Zeytin Ağaçlarının Altında’, 1990 İran Depremi’nin günlük hayattaki etkilerini konu edinir. Filmin baş karakteri, inşaat işçisi Hüseyin, Tahire’ye aşıktır. Tahire ile evlenme isteği, cahil ve evsiz olduğu için reddedilir. Defalarca teklifini yinelediği günlerden birinin geceyarısında, büyük bir deprem olur ve köyde taş taş üstünde kalmaz.

"Es braucht kein Casting an Heterogenität, um Dissens hervorzubringen"

Interview mit Catrin Seefranz

Montag für Montag formiert sich die Night School in einem temporär eingerichteten Klassenzimmer im Volkskundemuseum Wien. Als Teil des kuratorischen Programms "Akademie des Verlernens" der diesjährigen Wiener Festwochen ist die Night School ein vom großen Rummel abgeschiedenes experimentelles Bildungslabor, in dem Wissensproduktion und deren Vermittlung von "minoritären und marginalisierten, von rebellischen und verletzlichen Positionen" aus gedacht werden.

Während des dreimonatigen Unterrichtszyklus wird jede Montagabend-Session von einer anderen Lehrperson oder einem anderen Kollektiv angeleitet. Als "Teachers" eingeladen sind etablierte Intellektuelle wie Neferti X. M.

Ich bin so viel.

von SueMe Poetess

Ich bin so viel mehr als das worauf du dich tagtäglich beschränkst. Warum hast du Angst davor mich als das zu sehen, was ich wirklich bin? Warum fühlst du dich von einem Stück Stoff, das ich auf meinem Kopf trage, bedroht? Warum kann das Kopftuch wie die Entblößung des weiblichen Körpers nicht auch als bedeutungsfreie Zone gelesen werden?

Ich habe keine Lust mehr darauf, dass meine Daseinsberechtigung ständig in Frage gestellt wird, nur weil ich nicht ,bio-österreichisch’ aussehe, einen muslimischen Glauben habe und anderen Sitten und Traditionen folge als DU.

Des oda Des, 2015

von Elena Catalina Martín Lobera

Wer bin ICH?

Wer bin ICH? Die Frage nach dem Sein, nach der Herkunft und wie habe Ich mich zu dem entwickelt, was ich bin. Was macht mein Ich, meine Identität aus. Meine Wahrnehmung als körperliches, geistiges und psychosoziales Selbst.
Die Arbeit behandelt das Thema Frau und Identität und setzt sich mit den Problemen auseinander, die in der Gesellschaft durch Anerkennung bzw. Nicht-Anerkennung hinsichtlich der Verkörperung der Geschlechterrolle entstehen.

Geht nicht, Gibt’s nicht, Haben wir nicht!

von Sarah Gaad

Das Video handelt von der Fluchtthematik und verdeutlicht die gegenwärtige Situation geflüchteter Menschen.

Das Video handelt von der Fluchtthematik und verdeutlicht die gegenwärtige Situation geflüchteter Menschen. Es beschreibt die Realitäten, in der viele geflüchtete Menschen leben. Dazu wurden Dialoge mit geflüchteten Menschen geführt, die zu einem Gedicht zusammengetragen wurden. Dabei handelt es sich um eine wichtige Perspektive, die dazu anregen soll eigene Sichtweisen zu überdenken.