Schwarz auf Blau - Das Papiertheater
Wir befinden uns im Jahr 2019, die türkis-blaue Regierung erlebt mediale Aufmerksamkeit wie nie zuvor. Kaum ein Tag vergeht, ohne dass deren kontroverse Politik die hiesigen Zeitungen mit neuem Stoff füttert. Gleichzeitig erleben Frauen* of Color, dass Sexismus und Rassismus wieder mal salonfähiger in der österreichischen Gesellschaft werden. Nun steht auch die EU-Wahl vor der Tür und die FPÖ-Politiker Hofer und Vilimsky machen ihre Alpentour mit einem obligatorischen Stopp in Innsbruck. Aber nicht nur die FPÖ, sondern auch linke Gegendemonstrant*innen, unter ihnen vier Schwarze Aktivistinnen*, haben etwas zu sagen und beschließen, sich gegen die FPÖ-Politik zu wehren und das nicht leise, sondern mit Geschrei. Was sich dann alles rund um das Goldene Dachl, wo Vilimsky und Hofer ihre Reden schwingen, abspielt und was das alles mit dem Ibiza Skandal zu tun hat, wird in dem Papiertheaterstück (ein Theater, das aus Papierfiguren und Papierhintergründen besteht) "Schwarz auf Blau" zur Schau gebracht.
Es war wichtig, den Alltag von Frauen* of Color in den Mittelpunkt zu rücken und aufzuzeigen, was es bedeutet, sich in einer rassistischen und sexistischen Gesellschaft durchzukämpfen und auch welche Schäden das bei den einzelnen Individuen hinterlässt. Als etwas Anderes betrachtet zu werden, auch "Othering" genannt, erleben rassifizierte Menschen in Österreich täglich.
Die Protagonistinnen*, vier Schwarze Frauen*, bringen diesen andauernden Kampf mit etlichen Beispielen an die Oberfläche. Es geht um Freund*innenschaft und Zusammenhalt, um Emanzipation und darum, wie unterschiedlich die Lösungsansätze der einzelnen Charaktere sind.
Die künstlerische Umsetzung des Dramas als Papiertheater verleiht der Geschichte einen besonderen Ausdruck. Dort wo im klassischen Theater das Phantastische an seine Grenzen stößt, kann im Papiertheater, ähnlich wie im Film, nicht nur sprachlich, sondern auch bildlich in Metaphern und Symbolen gesprochen werden.
Am 03.02.2023 konnte das Stück zur Freude der Produzentinnen* Gilda Safarian und Gina Disobey im Bogentheater uraufgeführt werden in Kollaboration mit vielen Aktivist*innen aus verschiedenen Bereichen.
Die anschließende Podiumsdiskussion mit der Autorin und den Protagonistinnen* ging unter die Haut. Themen wie Repräsentation, Colorism, Privilegien, Humor und Empathie wurden aufgegriffen.
So war es auf der einen Seite für Betroffene verletzend, wenn im Publikum bei rassistischen Aussagen im Stück gelacht wurde, andererseits scheint Rassismus für weiße Menschen immer noch ein unangenehmes Thema zu sein, so dass sich dieses Gefühl in Lachen äußerte.
Am Ende blieb die Frage: darf über Rassismus gelacht werden? Vor allem aber wer darf darüber lachen?
Nächste Vorführung: 24. Juni 2023 // Fest der Vielfalt // Innsbruck
Credits:
Text: Natasha Bobb
Projektleitung, Animationen, Bühnenbild und Regie: Gina Disobey/ Gilda Safarian
Spieler:innen: Gina Disobey/ Gilda Safarian vertreten durch Tayfun Kilic
Stimmen der Hauptfiguren: Marie Winkler/ Natasha Bobb/ Sarah Davies/ Gina Disobey
Stimmen der Nebenfiguren: Andrea Umhauer/ Julia Golser/ Melike Tohumcu/ Philipp Engel/ Sigrid Moser/ Tayfun Kilic
Erzähler*innen: Cagla Bulut/ Daniel Lorenz
Illustration: Melanie Gandyra
Licht & Ton: Philipp Engel
Foto- & Videodokumentation: Daniel Jarosch/ Ivan Okello
Das Projekt wurde von der Stadt Innsbruck im Rahmen von stadt_potenzialen gefördert.