Editorial 2024
Concept: verein maiz / Illustration: Katrin Eftimova
Feiern: Leben, Freude und Widerstand im Mittelpunkt
Ob es sich um ein Fest, ein Ritual der Dankbarkeit, einen Moment der Erinnerung oder eine intime Begegnung handelt - Feiern kann eine ekstatische Erfahrung, eine Praxis des Durchhaltens oder sogar ein Grund zum Weitermachen sein. Inmitten der Herausforderungen des täglichen Lebens, die von (Lohn-)Arbeit bis hin zu bürokratischem Stress, täglichen Nachrichten über Kriege, Natur- und Industriekatastrophen, globale Erwärmung, Pandemien usw. reichen, kann das Feiern einen notwendigen Moment der Erleichterung und Erholung bieten. In einer Welt, die von Vertreibung, Rassismus sowie menschlicher und nicht-menschlicher Ausbeutung geprägt ist, ist das Festhalten an bestimmten Strategien zur Erhaltung unseres individuellen und kollektiven körperlichen und emotionalen Wohlbefindens von entscheidender Bedeutung.
Manchmal gibt es einen besonderen Anlass zum Feiern, doch viele andere Male ist der einfache Akt des Lebens und Zusammenlebens in einem Kontext globaler Zerstörung und Ungerechtigkeit ein ebenso würdiger Anlass. Feiern wird zu einem Teil von Widerstand, wenn unsere Freude als störend und laut empfunden wird, und zwar in Kontexten, in denen von uns nicht erwartet wird, dass wir gedeihen. Gängige aktivistische Sprüche. wie „Wir existieren, weil wir Widerstand leisten“ oder „Sie wollten uns begraben, aber sie wussten nicht, dass wir Samen sind“ zeigen, wie eng „existieren“ und „Widerstand leisten“ miteinander verwoben und voneinander abhängig sind. Leider übersehen wir oft, dass dies nur dank der jahrhundertelangen Weisheit der Generationen von Formen der Fürsorge und lebensbejahenden Praktiken möglich war.
Im Jahr 2024 jährt sich die Gründung von maiz, dem autonomen Zentrum von und für Migrant*innen mit Sitz in Linz, Österreich, zum 30-jährigen Mal. maiz ist einzigartig in seinem unerbittlichen Kampf gegen Rassismus und Diskriminierung sowie für die Anerkennung der Rechte von Migrant*innen. Diese Ausgabe soll einen Beitrag zum Jahrestag leisten, der auch eine Feier der Migration als untrennbaren Teil der Geschichte und Gegenwart Europas darstellt.
In der Hauptrubrik „Fokus“ finden sich Beiträge von Künstler*innen, Aktivist*innen und Forscher*innen, die über Feiern, Kämpfe, Freude, Aktivismus, den Wunsch nach Veränderung und das Bedürfnis nach Ruhe schreiben und sich austauschen. Erinnerungen, Bedeutungen und Widerstandsprozesse werden geteilt, während Verlust und Schmerz ebenfalls präsent sind. In der Rubrik “Crossover” werden verschiedene Themen in Form von Geschichten, Gedichten, Statements, Berichten und Erzählungen vorgestellt.
Letícia Carneiro, Precious Fangchah, Lia Kastiyo-Spinósa & Ivana Marjanovic
September 2024
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Celebrating: Life, Joy and Resistance in the Center
Be it a party, a ritual of gratitude, a moment of remembrance, or an intimate encounter, celebration can be an ecstatic experience, a practice of perseverance, or even a reason to keep going. In the midst of everyday life challenges that range from (wage) labor to bureaucratic stress, daily news of wars, natural and industrial catastrophes, global warming, pandemics and so on, celebrating can provide a necessary moment of relief and recovery. Thus, holding on to certain strategies to keep our individual and collective physical and emotional wellbeing is vital in a world marked by displacement, racism as well as human and non-human exploitation.
Sometimes there is a special occasion to celebrate, yet many other times, the simple act of living and co-existing in a context of global destruction and injustice is just as worthy an occasion. Celebration becomes part of a resistance when our joy is seen as disrupting and loud, in contexts where we are not expected to thrive. Common activist phrases like “We exist because we resist” or "They wanted to bury us, but they didn't know we were seeds" show how closely intertwined and interdependent “existing” and “resisting” are. Unfortunately, we often overlook that this has only been possible thanks to centuries of generational wisdom of forms of care and life-affirming practices.
The year 2024 marks the 30-year anniversary of the foundation of maiz, the autonomous center by and for migrant women*, based in Linz, Austria. maiz has been unique in its relentless fight against racism and discrimination, as well as for the recognition of migrant rights. This issue aims to contribute to this anniversary, which is also the celebration of migration as an inseparable part of Europe's history and present.
In the main section "Fokus" we have contributions from artists, activists, and researchers who write and exchange about celebration, struggles, joy, activism, the desire for transformation, and the need for rest. Memories, meanings, and processes of resistance are shared, while loss and pain are also present. The section “Crossover” features diverse topics in the form of storytelling, poetry, statements, reports, and narratives.
Letícia Carneiro, Precious Fangchah, Lia Kastiyo-Spinósa & Ivana Marjanović
September 2024
Fördergeber:innen: WIENWOCHE, Stadt Wien, BMKÖS, Stadt Linz und Land Oberösterreich.