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Ciao, Warteschleife!

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von Ingrid Slanjinka

Die Nostrifikation [1], das heißt die staatliche Anerkennung meiner Ausbildung, als diplomierte Gesundheits- und Krankenschwester (DGKS) wurde bei mir 2006 aktuell. Damals kämpfte ich als so genannte Drittstaatsangehörige um die Möglichkeit, beim Roten Kreuz als Pflegehelferin in der mobilen Hauskrankenpflege zu arbeiten. Als ich zum ersten Mal zur MA 15 (Magistrat für Gesundheitswesen und Soziales) am Modenapark im dritten Wiener Gemeindebezirk ging, wurde ich erst mal darüber aufgeklärt, welche Unterlagen fehlen. Das überraschte mich zunächst wenig. Den Ausbildungsplan meiner Schule in Serbien schickte mir meine Mutter nach Wien. Die beglaubigte Übersetzung bzw. die Bezahlung derselben tat weh – wie immer, wenn man etwas übersetzen lassen muss.

Aus diesem detailliert aufgeführten Plan geht die Anzahl der Wochen- und Jahresstunden, Theorie- und Praxisstunden aller Fächer, die ich im Laufe meiner vierjährigen Ausbildung absolvierte, klar hervor. Nachdem sechs Wochen vergangen waren, wurde ich "eingeladen", rund 150 Euro zu zahlen und das Gutachten beim Magistrat abzuholen. Darin wurde mir mitgeteilt, dass ich, sobald ich zu arbeiten beginne, zwei Jahre Zeit hätte, eine Schule zu finden, damit ich eine theoretische Ergänzungsausbildung in sieben Fächern nachholen und eine praktische Ergänzungsausbildung von drei mal 160 Stunden absolvieren könne. Und all das, um weiter als DGKS arbeiten zu können. Bis es soweit war, durfte ich einstweilen als Pflegehelferin jobben.

Studieren, jobben, nostrifzieren

Ich kann die Notwendigkeit und Wichtigkeit der Überprüfung eines nicht-inländischen Diploms durchaus nachvollziehen. Als erstes ergänzendes Fach war "Berufsethik" angeführt, dann "Strukturen und Einrichtungen des Gesundheitswesens". Gerne, dachte ich zunächst. Weitere fünf Fächer sollten geprüft werden: Pflege von alten Menschen, berufsspezifische Rechtsgrundlagen, Gesundheits- und Krankenpflege, Pharmakologie und Hygiene. Die Ausbildung dauert ein Jahr inklusive der 480 Praxisstunden, die man zu je 160 Stunden auf der Chirurgie, auf der Inneren Medizin und in einer Einrichtung für Langzeitpflege unbezahlterweise arbeitet.

Während ich bereits als Pflegehelferin tätig war, konnte ich tagsüber und am Wochenende arbeiten, abends drei bis vier Mal die Woche in der Schule gehen, Urlaubstage und Überstundenausgleich für die 480 Stunden Praxis verwenden. Mein einziges "Problem" war, dass ich auch Medizinstudentin war und nicht recht wusste, wie ich alles gleichzeitig unter einen Hut bringen sollte: studieren, arbeiten und nostrifizieren.

Das Wichtigste war für mich, dass ich endlich wieder meinen Beruf ausüben konnte. Nach dem ersten Jahr musste ich nochmals zur MA 15, um die Berechtigung für ein weiteres Jahr Pflegearbeit ohne Nostrifizierung zu holen. Das kostete nochmals 150 Euro. Nach Ablauf des zweiten Jahres drückte mir meine Chefin die Hände und meinte, dass es ihr wahnsinnig leid tue, eine so gute Mitarbeiterin entlassen zu müssen. Spätestens jetzt war ich bereit, mir die ganze Prozedur genauer anzuschauen. Zwei meiner KollegInnen haben inzwischen nostrifiziert, für die Ausbildung auf der Schule im Allgemeinen Krankenhaus haben sie etwa 900 Euro hingeblättert. Nach dem Abschluss erhielten beide das so genannte Schlüsselkraft-Visum, mit dem sie als DGKS arbeiten können. Voraussetzung dafür ist allerdings, 18 Monate lang ohne Unterbrechung zu arbeiten sowie ein Mindestverdienst von 2.400 Euro brutto, sonst verliert man den Status. Auch keine witzige Lage. Für mich war klar: Wenn ich das Ganze durchziehe, kann ich mindestens zweieinhalb Jahre lang mein Studium lahm legen. Und das wollte ich nicht.

Im AMS-Labyrinth

Die Suche nach einer neuen Arbeit begann. Ich erkundigte mich, ob ich eventuell als Medizinstudentin in einem Pflegeheim arbeiten könnte. Ja, allerdings insgesamt nur zwei Monate im Jahr, und auch nur dann, wenn ich mich ein Jahr im Voraus anmelde, und maximal zwanzig Stunden die Woche. Das ist also auch blöd gelaufen.
So landete ich beim AMS (Arbeitsmarktservice). Das Herumirren im AMS dauerte Monate. Da ich praktisch ohne gültige Ausbildung da stand, wurde ich (für das AMS logischerweise) zu einem Bewerbungskurs geschickt. Als nächstes drohte mir ein PC-Kurs. Inzwischen hatte ich drei Beraterinnenwechsel hinter mir, keine konnte mir mit der Frage der Nostrifizierung weiterhelfen. Die einzige Partnerfirma, die etwas Ähnliches für die AMS-Klientel anbietet, ist das bfi (Berufsförderungsinstitut) – allerdings nur einen Abendkurs für die Nostrifikation als Pflegehelferin.

Meine inzwischen vierte Beraterin riet mir, mich dort anzumelden. Der Kurs hätte etwa sieben Monate gedauert, dann wäre ich eine in Österreich anerkannte Pflegehelferin. Beim bfi waren alle ganz nett. Ich bekam einen allgemeinen Kostenvoranschlag mit acht aufgelisteten Fächern und drei Praxiseinheiten. Die Liste entsprach dem Bescheid, den ich erst im Nachhinein von der MA 40 (vormals MA 15) erhielt. Der Kurs hätte etwa 1.300 Euro gekostet, das AMS war bereit, die Kosten zu übernehmen.
Um mich anmelden zu können, musste ich zur MA 40, diesmal, um den Bescheid für die PflegehelferInnen-Nostrifikation zu beantragen, da der Bescheid von 2006 für DGKS war. Wieder derselbe Ablauf, sechs Wochen warten, 150 Euro zahlen. Ich meldete mich für den Kurs an und setzte mich dann in aller Ruhe hin, um die beiden Gutachten miteinander zu vergleichen.

Nostrifikation, bitte warten!

Trotz der zwei Jahre Erfahrung beim Roten Kreuz hätte ich die 160 Stunden für Langzeitpflege nachholen müssen. Ich verglich die Stundenanzahl der Fächer und bemerkte, dass ich in zwei Fächern durchaus mehr Stunden hatte, als das in einer österreichischen Schule der Fall ist. Konkret: Während der dreijährigen Ausbildung zur DGKS hat man in Österreich vierzig Stunden Pharmakologie zu absolvieren, ich hatte satte siebzig. Für das Fach "Hygiene" sind sechzig Stunden vorausgesehen, ich belegte damals das Kombinationsfach "Hygiene und Mikrobiologie", insgesamt 140 Stunden, davon siebzig Stunden Hygiene.

Eine Zumutung! Es liegen zwei Gutachten vor mir, eines für DGKS, das andere für Pflegehelferin. Inhaltlich gibt es kaum Unterschiede, für DKGS hätte ich ein Fach mehr zu belegen (Ethik) und achtzig Stunden mehr Praxis zu absolvieren. Die Auflistung von Fächern und die Begründung sind bis auf ein paar Wörter identisch. Sieht so eine Anerkennung aus?

Durch Gespräche mit zahlreichen MitstreiterInnen bekomme ich langsam den Eindruck, dass es völlig egal ist, welche Drittstaatsangehörige man ist. Unabhängig davon, wie unsere Ausbildungen gestaltet sind, gibt es ein Schema der MA 40, nach dem die Nostrifikation abläuft. Und da fährt die Eisenbahn drüber. Die Kosten sind von einer zur nächsten Schule unterschiedlich, für mich ist es auch unerklärlich, dass man für den PflegehelferInnen-Kurs mehr zu zahlen hat, obwohl die Ausbildung kürzer dauert.

Im Internet findet man so gut wie keine Auskunft. Auf der Seite des zuständigen Bundesministeriums für Gesundheit findet man bezüglich der Nostrifikation einen Hinweis auf die zuständigen Ämter der Landesregierung: Für Wien ist es die MA 40, am Thomas-Klestil-Platz im dritten Bezirk.
Die MA 40 hat keine Homepage, das heißt, man muss hingehen. Sobald man das Gutachten in Händen hat, hat man zwei Wochen Zeit, Stellung zu nehmen. Ich habe das nie in Anspruch genommen, da ich zu der Zeit, als ich meine Bescheide brauchte, unter Zeitdruck stand und damals auch nicht geglaubt hätte, dass eine solche Ignoranz seitens eines Amtes möglich ist. Letzten Endes haben sie meinen Ausbildungsplan nicht so ernst genommen.

Mittlerweile habe ich einen Job und mein Medizinstudium bald fertig. Ich bin um einige Erfahrungen reicher und auch etwas enttäuscht, wenn ich die ganze Situation überdenke. Es ist eine bekannte Tatsache, dass in Österreich ein Mangel an Pflegepersonal herrscht. Trotzdem ist die Nostrifikation groblässig verallgemeinert, die Wartelisten für die Schulen sind enorm lang. Aber bietet etwa das AMS genug Informationen und Unterstützung für MigrantInnen mit medizinisch-pflegerischer Ausbildung?

Ich werde nie nostrifizieren, da ich der Meinung bin, dass ich während meiner vierjährigen Ausbildung mit Matura-Abschluss in Serbien mehr gelernt habe, als in drei Jahren möglich ist. Ich bin nicht bereit, Prüfungen nachzuholen und vorher Theoriestunden in Fächern zu besuchen, in denen ich eindeutig überqualifiziert bin. Es ist ein Wahnsinn, dass die zweijährige Arbeitserfahrung hier in Österreich seitens der MA 40 nicht als nachgewiesene Berufszeit anerkannt wird. Ich finde es arg, dass die Praxisstunden nicht bezahlt werden. Wie viele hunderte Menschen nostrifizieren jährlich in Wien und leisten dabei Arbeit, die sonst ohne die NostrifikantInnen bezahlt werden müsste? Wie gesagt, ich verstehe die prinzipielle Notwendigkeit der Ergänzungsausbildung – aber nur unter fairen Umständen.


Fußnote:
[1] "Im Sprachgebrauch unterscheidet man zwischen der 'Nostrifikation' und der 'Berufszulassung'. Unter Nostrifikation oder Nostrifizierung versteht man die Feststellung der Gleichwertigkeit von Ausbildungsabschlüssen. Dieses Anerkennungsverfahren kommt bei sog. Drittstaatsangehörigen oder Drittstaatsausbildungen zur Anwendung. Eine Berufszulassung basiert auf den europäischen Richtlinien über Berufsanerkennungsregeln; sie kommt für Unionsbürger und Staatsangehörige des EWR sowie für Schweizer und bestimmte begünstigte Drittstaatsangehörige zur Anwendung." (Bundesministerium für Gesundheit)

Ingrid Slanjinkastudiert Medizin in Wien.