Ich bin so viel.
Ich bin so viel mehr als das worauf du dich tagtäglich beschränkst. Warum hast du Angst davor mich als das zu sehen, was ich wirklich bin? Warum fühlst du dich von einem Stück Stoff, das ich auf meinem Kopf trage, bedroht? Warum kann das Kopftuch wie die Entblößung des weiblichen Körpers nicht auch als bedeutungsfreie Zone gelesen werden?
Ich habe keine Lust mehr darauf, dass meine Daseinsberechtigung ständig in Frage gestellt wird, nur weil ich nicht ,bio-österreichisch’ aussehe, einen muslimischen Glauben habe und anderen Sitten und Traditionen folge als DU.
Ich will einfach nur sein, ohne mich ständig erklären zu müssen. – Das ist ein Privileg, dass ich nicht habe.
Ich habe keine Lust auf deine kranken Projektionen und Phantasien, die du auf mich projizierst, - auf mich, auf meinen Glauben, auf mein Aussehen.
Ich hab keine Lust, die Scheiße wegschmieren zu müssen, die du auf meine Fenster und Türen täglich schmierst.
Keine Lust deine Gedanken ständig analysieren zu müssen, um dich dann aufzuklären, dass ich all das nicht bin.
Du verbreitest Lügen und Hass über mich, sprichst ständig über mich, aber nie mit mir.
Deine Angst vor mir, ist deine eigene Angst vor dem Niedergang deiner Einfalt
.
Ich habe es satt, dass ich und meine muslimischen Geschwistern in den Medien ausschließlich im Zusammenhang von mangelnder Partizipation, Geschlechtertrennung, fehlendem Zugang zur Öffentlichkeit, politischer und rechtlicher Unterdrückung und als Opfer von traditionell-muslimischer Gewalt portraitiert werden. Positive Meldungen finden kaum den Weg in die Schlagzeilen und ins gesellschaftliche Bewusstsein.
Ständig wird Kultur als Entschuldigung bzw. als Rechtfertigung für Gewalt herangezogen und ständig werden die Ursachen von Gewalt in der Kultur, Tradition oder Religion gesucht. Die Bedeutung von Unterdrückung und Normierung einer strukturellen Ungleichheit zwischen Minderheitengruppen und der Mehrheitsgesellschaft wird übersehen.
Immer wieder wird Gewalt und Unterdrückung der Frau auf ein ausschließlich muslimisches Problem reduziert und nicht als ein globales Problem mit dem weltweit alle Frauen zu kämpfen haben anerkannt.
Wieder und wieder wird auf dem Rücken der muslimischen Frau ein Feindbild des muslimischen Mannes kreiert, um dann für die muslimische Frau einzustehen, sie symbolisch rechtlos und hilflos darzustellen, ihr ihre Handlungsräume und die Möglichkeit für sich selbst zu sprechen und als Verteidigerin ihrer selbst zu stehen, geraubt.
Gebt uns den Raum für uns selbst zu sprechen! Gebt uns den Raum uns zu verwirklichen. Gebt uns den Platz um uns zu entfalten. Gebt uns eure Unterstützung, so zu leben, wie wir es wollen! Gebt uns die Stimme, die uns fehlt. Gebt uns die Würde, die uns genommen wurde.
Ich stehe heute noch immer vor dir mit erhobenem Haupt und werde mit erhobenem Haupt weitergehen, ganz egal – was die Zukunft mit sich bringt – ich werde nicht schweigen, nicht stehen bleiben, nicht aufgeben…
Und meine Message an meine muslimischen Geschwister: Nehmt euch den Raum um zu wachsen, selbstbestimmt zu leben und euch selbst zu verwirklichen, denn er wird euch nicht gegeben. Nehmt ihn euch!
Was ich kann
(ohne zu müssen)
Ich darf mir
Zeit nehmen
und Zeit lassen.
Ich darf wissen,
dass das letzte Wort
mir gehört.
Ich habe keinen Einfluss
auf Form oder Rahmen
aber auf den Inhalt der Dinge.
Ich kann
beeinflussen,
kontrollieren,
anhalten,
blockieren,
lenken.
Ich darf
mitreden,
mitsprechen,
teilhaben,
mitwirken.
Ich darf (sein).
Ich muss nicht.
Ich darf
entscheiden,
Grenzen festlegen,
definieren und
wieder auflösen.
Ich darf (sein).
Ich muss nicht.
Nehme
mir den Raum
zu sein.
Ich darf mich
abgrenzen,
ausgrenzen
und mich
eingrenzen.
Ich darf Raum
geben,
Raum teilen,
Raum schützen.
Ich darf Raum
geben.
Mir und Euch.
Mir und Uns.
Mir und Dir.
Mir.
SueMe Poetess © 2017