Editorial
Stellung beziehen, Standpunkte vertreten, Position einnehmen - in Zeiten, die von großen gesellschaftlichen Umbrüchen und reaktionären politischen Entwicklungen geprägt sind, ist das besonders wichtig. Gleichzeitig werden aber gegenhegemoniale Stimmen in solchen Zeiten meist noch stärker marginalisiert als sonst. Besonders die Positionen von Migrant*innen und Women of Colour werden dann im Mainstream noch vehementer ausgeblendet und nicht gehört - umso wichtiger ist es darum, Räume für gegenhegemoniale Positionen zu verteidigen und neue zu schaffen.
Das Crossover dieser Ausgabe ist zweigeteilt und dokumentiert eine Reihe an Positionen zu aktuellen gesellschaftlichen Entwicklungen. Im ersten Teil werden drei Stellungnahmen dokumentiert, die in den aktuellen politischen Diskurs in Österreich intervenieren: Brigitte Theißl führt in ihrem Text aus, weshalb die aktuelle, neoliberale und autoritäre Wende in Österreich aus feministischer Perspektive für Widerstand sorgen muss. Eine Stellungnahme von Daf/Daz-Lehrer*innen bezieht kritisch Position zum neuen Integrationsgesetz, dass im Mai 2017 beschlossen wurde. Auf dieses Gesetz sowie das neue Anti-Gesichtsverhüllungsgesetz und seine Folgen hat auch der Klagsverband zur Durchsetzung der Rechte von Diskriminierungsopfern mit einer Stellungnahme reagiert.
Im zweiten Teil sind Positionen versammelt, die sich in unterschiedlicher Kunstform mit politischen Entwicklungen und Verhältnissen auseinandersetzen. In den Gedichten von Althea Romeo-Mark und SueMe Poetess werden hierarchische Verhältnisse und Brüche im Alltäglichen, im Imaginären und im persönlichen Erleben erfahrbar. Pinar Öğrenci schreibt in Essayform über ihre Gespräche mit syrischen Künstler*innen in Istanbul. Sarah Gaad setzt in ihrer Videoarbeit "Geht nicht, Gibt’s nicht, Haben wir nicht!" Konversationen mit Geflüchteten in Berlin zu einem Mosaik zusammen. Elena Catalina Martín Lobera zeigt in ihrem Video "Des oda Des", dass die Ebene des Individuellen und Intimen nach wie vor einer der Hauptschauplätze der Aushandlung des (Geschlechter-)Politischen darstellt.
In reaktionären Zeiten heißt Position einnehmen vor allem auch, laut zu bleiben, sichtbar zu werden und gemeinsam zu kämpfen.